Neurologie - Praxis für Ergotherapie Stefanie Bertsch Eggenstein

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Neurologie

Therapie > Behandlungsfelder

ZNS-Erkrankungen - Rückenmarkserkrankungen - Nervenläsionen
Klienten mit neurologischen Beeinträchtigungen erfahren vielfältige Einschränkungen in ihrer Handlungsfähigkeit in allen Lebensbereichen. Um die Betroffenen zu größtmöglicher Selbstständigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe zu befähigen, bedient sich die Ergotherapie aktueller Erkenntnisse der Neurowissenschaften und anderer Bezugsdisziplinen zur Entwicklung differenzierter Testverfahren und effektiver Behandlungsmethoden.

Indikationen:
  • Hypoxische Hirnschädigung
  • Apoplex
  • Schädelhirntraumata
  • Tumorerkrankungen
  • Multiple Sklerose
  • ALS
  • M. Parkinson
  • Meningoenzephalitis
  • Querschnittssyndrome (komplett/inkomplett)
  • Tumore
  • Vorderhornschädigungen (z.B. Poliomyelitis, spinale Muskelatrophie)
  • periphere Paresen
  • Plexusparesen
  • Polyneuropathien
  • Myopathien

Behandlungsmethoden
Neurokognitive Therapie nach Perfetti
Das Konzept der Kognitiv-therapeutischen Übung wurde Anfang der 70er Jahre von Prof. Carlo Perfetti (Santorso/Italien) ursprünglich speziell für Hemiplegiepatienten entwickelt. Diese Behandlungsform wird heute bei allen neurologischen aber auch bei orthopädischen, chirurgischen und pädiatrischen Patienten angewendet.
Durch die gezielte Aktivierung von kognitiven Prozessen beim Patienten soll das zentrale Nervensystem in programmierter Weise angeregt werden, wodurch im gesamten System, also im Gehirn und letztlich im Bereich der Muskelkontraktionen Veränderungen hervorgerufen werden sollen, die ein möglichst physiologisches Bewegungsverhalten ermöglichen.
»Kognitiv« heißt »auf Erkenntnis beruhend«. Der Erkenntnisprozess ist eine zentrale Fähigkeit des Menschen und auch eine zentrales Element der kognitiven Rehabilitation. Um zur Erkenntnis zu gelangen, benötigt der Mensch die Fähigkeit der Wahrnehmung, der Bewegung und mentale Fähigkeiten gleichzeitig. Besonders wichtig für den Erkenntnisprozess ist die Wahrnehmung, denn durch diese erhält das ZNS Informationen vom Körper und der Umwelt, die es für die Programmierung und Ausführung von Bewegungen benötigt. Der Wahrnehmungsprozess stellt demzufolge einen wichtigen Teil der Bewegung dar. Bewegung erzeugt Informationen und Information ermöglicht das Entstehen der Bewegung. Ist dieser Informationskreislauf gestört, können physiologische Bewegungsabläufe nicht entstehen.
Indem der Patient seine Aufmerksamkeit gezielt auf bestimmte Elemente seines Körpers lenkt (gelenkter Wahrnehmungsprozess), lernt er die Komponenten der Spastizität nicht entstehen zu lassen bzw. eigenständig zu kontrollieren. Der Patient soll lernen, seine kognitiven Fähigkeiten einzusetzen, um die pathologischen Elemente selbst kontrollieren zu können.
Die kognitiven Prozesse stellen daher die »Arbeitsinstrumente« dieses Konzeptes dar. Weder die abstrakte Muskelkräftigung, noch die Reflexaktivierung werden als Arbeitsmittel verwendet, sondern Aufmerksamkeit, Gedächtnis, Wahrnehmung, aber auch die Vorstellungskraft und die Sprache.
Die motorische Imagination ist zu einem bedeutenden Mittel geworden, denn viele wissenschaftliche Arbeiten haben bewiesen, dass die motorische Imagination zumindest einen wichtigen Teil der Bewegungsplanung darstellt. Das gezielte »Vorstellen-lassen« von Bewegung dient also dem Bilden der korrekten Bewegungsplanung und damit dem Wieder-Erlernen von physiologischen Bewegungen.
Die Sprache hat besonders in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen, sowohl die Sprache des Therapeuten, die gezielt eingesetzt wird, um die Denkprozesse des Patienten zu lenken, als auch die Sprache bzw. die Beschreibung des Patienten, welche es ermöglicht eine introspektive Sicht seines bewussten Erlebens zu erhalten. Dadurch wird die Interpretation seiner Pathologie, die Planung der Behandlung, also auch das verbale Lenken während der Übung, umso exakter möglich.

Bobath
Das Ehepaar Bobath (B. Bobath Physiotherapeutin, Dr. K. Bobath Neurologe u. Psychiater) begann Mitte der 40er Jahre mit der Entwicklung des Bobaththerapie- Konzeptes. Dieses Konzept unterliegt einem ständigen Wandel und wurde immer wieder den neuesten neurophysiologischen Erkenntnissen angepasst. Indikation: für Erwachsene und Kinder mit Bewegungsstörungen, die durch eine erworbene oder angeborene Hirnschädigung hervorgerufen wurden.
Ziele: Differenzierung funktioneller Fähigkeiten, Erweiterung der Handlungskompetenz und Erreichung größtmöglicher Selbständigkeit im Lebensumfeld.
Wirkungsweise:  Die Schulung der Kopf- und Rumpfkontrolle, Gleichgewichtsreaktionen, Gewichtsübertragung von einer auf die andere Körperseite und die Schulung der propriozeptiven Wahrnehmung stehen im Vordergrund der Behandlung. Die 3 grundlegenden Vorgehensweisen sind: Tonusnormalisierung, Hemmung pathologischer Bewegungsmuster (Inhibition) und Anbahnung von physiologischen Bewegungen (Fazilitation). Als Leitfaden dienen die „normalen“ Entwicklungsstufen des Säuglings und Kleinkindes und die physiologische Aktionsfolge der aufeinander abgestimmten Bewegungsabläufe.

Affolter („St. Gallener Modell“/ „Geführte Interaktionstherapie“)
Ursprung: Entwickelt wurde das Konzept von Dr. F. Affolter. Affolter beschäftigte sich immer wieder mit der Frage warum wahrnehmungsgestörte Kinder und hirngeschädigte Erwachsene im Alltag immer wieder scheitern. Innerhalb ihrer Studien machte Frau Affolter die Beobachtung, dass wahrnehmungsgestörte Kinder in Alltagssituationen Misserfolge erleben, weil sie Spürinformationen nicht richtig verarbeiten können. Später begann Frau Affolter die Arbeit mit schwer hirngeschädigten Patienten, die wie wahrnehmungsgestörte Kinder auch Schwierigkeiten beim Suchen und Entnehmen von Spürinformationen aus der Umwelt haben. Seitdem wird das Therapiemodell nach Affolter interdisziplinär auch bei neurologischen Patienten angewendet. Das Konzept wird stetig weiterentwickelt.
Grundlage: Frau Affolter sieht das taktil-kinästhetische System als besonders wichtig für den Menschen, da es Berührung, Druck, Vibration, Wärme, Kälte und Schmerz aus der Haut, sowie Spannungen der Muskeln, Sehnen, Bänder und Stellungen der Gelenke aus dem Körper vermittelt und verarbeitet. Angewendet werden kann das Affolter-Konzept bei:
  •       Babys und Kleinkinder mit Entwicklungsauffälligkeiten
  •       Kindern mit Lern- und Schulschwierigkeiten
  •       Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten
  •       Autistischen Kindern und Erwachsenen
  •       Kindern und Erwachsenen mit erworbener Hirnschädigung
  •       Kindern und Erwachsenen mit anderen neurologischen Krankheitsbildern
  •       Geriatrischen Patienten
  •       Erwachsenen mit psychischen Krankheitsbildern
  •       Erwachsenen mit einer Demezerkrankung
Therapieablauf:
Die Patienten werden bei Tätigkeiten, die für sie auf Grund ihrer Wahrnehmungsstörung nur mit Schwierigkeiten bewältigt werden können, durch den Therapeuten geführt. Beim Führen wird nicht gesprochen, damit sich der Patient voll und ganz auf seine taktil- kinästhetischen Erfahrungen konzentrieren kann.

Visuelles und auditives Training
Indikation: visuelle Explorationsstörungen bei homonymen Gesichtsfeldausfällen und visuellem Neglect, Balint-Syndrom, Kombination hirnorganischer Störungen, Tumorerkrankungen
Ziele: Systematisierung der Suchstrategie, Reduktion von Auslassungen, Steigerung der Suchgeschwindigkeit, Erweiterung des sakkadischen Suchfeldes, Übertragung der trainierten Suchstrategien in den visuellen Alltag des Patienten, Bewusstmachung des Störungsbildes „Neglect“, Einbeziehung der Seite durch bewusste Wahrnehmung
Indikation: Visuell-räumliche und räumlich-konstruktive Störungen (häufigste Störung bei Patienten mit rechtshemisphärischer Hirnschädigung)
Ziele: Selbsthilfetraining im alltagsrelevanten Bereich, Zusätzliches Training visuell- räumlicher Wahrnehmungsleistungen und räumlich- konstruktiver Fertigkeiten, Training des Einsatzes räumlicher Fertigkeiten, Erarbeiten einer systematischen Vorgehensweise bei der Problemlösung im visuell- räumlichen Bereich
Alltagsrelevanz: v .a. zu finden im Bereich der Selbsthilfe (Ankleiden, Waschen, Rollstuhl navigieren, Ablesen von Mengen, Plänen, Meßanzeigen, Zeitung lesen, Notiz suchen, Programm lesen, Schreiben, vertikale Rumpfaufrichtung).
Therapiematerial: Tangram, EKN- Materialien (Entwicklungsgruppe klinischer Neuropsychologie), alltagsnahes Training (Rollstuhlfahren, Ankleiden, Mengen aufteilen, Paket packen, Wäsche zusammenlegen, Abstände einschätzen z. B. beim Einkaufen), Arbeiten am PC und mittels Overhead-Projektor zur visuellen Exploration handwerkliche Tätigkeiten (Ausmalen eines Seidentuchs, Malen mit Pinsel oder Stift in vorgegebenen Formen auf der gesamten Unterlage, räumlich- konstruktive Angebote aus Holz, Peddigrohr oder Mosaik, …)

Neuropathiebehandlung
Indikation: Diabetes Mellitus z.B. diabetisches Fußsyndrom, Neuropathie in den Füßen und Händen
Therapieinhalte:
  •       Sensibilitätsschulung mit Hilfe eines Neuropathieprogramms (z.B. Bohnen-, Linsenbäder)
  •       Sensomotorische Übungen z.B. Fußübungen
  •       Gleichgewichtstraining
  •       Beratung über angemessene Schuhe und Schulung im Umgang mit diabetischen Füßen
  •       Beratung über Hilfsmittel z. B. bei bestehender Sehbehinderung
  •       ADL- Training

Sensibilitätstraining
Indikation: Dieses Training wird bei Störungen der Wahrnehmung von taktilen Reizen z.B. bei Erkrankungen des zentralen Nervensystems oder auch der peripheren Nerven angewandt. Sensibilitätsstörungen beeinträchtigen das Temperaturempfinden (Wärme/ Kälte) und das Druck-, Tast- und Berührungsempfinden. Es können Missempfindungen wie Taubheitsgefühle, Pelzigkeit, Kribbeln, Schmerzen und Einschlafen der Hände entstehen.
Therapieform: Die Ergotherapie stimuliert die Hautrezeptoren und behandelt so die Veränderung der Oberflächen- und Tiefensensibilität im Sinne einer Sensibilisierung oder Desensibilisierung. Mit verschiedenen Medien wird die Nervenfunktion beeinflusst und angeregt. Es beeinflusst aber auch vegetative Schmerzsyndrome positiv. Bei fortbestehenden Analgesien wird die Auge-Hand- Koordination durch praktische Übungen und Anwendung in der Alltagssituation trainiert.
Medienbeispiele: Raps- oder Kiesbad, Bürsten, Pinsel, Igelbälle, Tastsäckchen, handwerkliche Techniken als Sensibilitätsübung oder auch zum Training des Raum- Lage- Empfindens, funktionelle Spiele, Wärme- und Kälteanwendungen.


 
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